Medienorientierung vom 20. September 2000

Zürich multimobil: Die bewegte Stadt

 

Lustvolles Umdenken tut Not

Stadtrat Robert Neukomm, Vorsteher des Gesundheits- und Umweltdepartementes der Stadt Zürich
Vorsitzender der Umweltdelegation

Zürich nimmt unter dem Motto Zürich multimobil - die bewegte Stadt erstmals am europäischen Aktionstag teil. Die Stadt Zürich will den europäischen Aktionstag als Gelegenheit nutzen, ein langjähriges Anliegen in den europäischen Kontext zu stellen und ihm so eine neue Tragweite und ein grösseres Gewicht zu verleihen: die Bewältigung der städtischen Mobilitätsbedürfnisse auf möglichst umweltfreundliche Art. Zürich knüpft mit der Organisation des Tages "In die Stadt - ohne mein Auto!" an seine Vorreiterrolle bei der Förderung einer stadtverträglichen Mobilität an. Seit Anfang der 70er Jahre gilt Zürich als Paradebeispiel in Sachen konsequenter Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und professioneller Kundenorientierung der Verkehrsbetriebe. Dass aber beim Individualverkehr Handlungsbedarf besteht, dokumentieren beispielsweise die 38% Ja-Stimmen in Zürich für die Verkehrshalbierungs-Initiative in diesem Frühjahr und die von Experten erwartete Zunahme des motorisierten Privatverkehrs von 20 % in den nächsten 20 Jahren.

Etappen einer Erfolgsgeschichte

Wie entstand eigentlich der europäische Aktionstag "In die Stadt - ohne mein Auto"? Die Erfolgsgeschichte begann vor etwas mehr als 2 Jahren in Frankreich: 1998 rief das französische Ministerium für Umwelt und Raumordnung die Städte auf, am 22. September einen Tag auf das Auto zu verzichten. 35 französische Städte folgten diesem Aufruf. Die Premiere des Aktionstages in Frankreich verlief so erfolgreich, dass auch andere auf den Geschmack kamen, weshalb sich ein Jahr später 92 italienische Städte und Gemeinden, sowie Genf und umliegende Gemeinden aus der Schweiz, anschlossen.

Aufgrund der positiven Erfahrungen in den ersten beiden Jahren beschloss die Generaldirektion Umwelt der Europäischen Kommission, den Aktionstag im Jahr 2000 politisch und finanziell zu unterstützen. So wurden im Jahr 2000 alle europäischen Städte (auch aus Nicht- Unions-Ländern) zur Teilnahme aufgerufen. Schweizerische Bemühungen um eine umweltfreundlichere Abwicklung der Mobilität finden also keineswegs isoliert statt. Der Aufruf der Europäischen Kommission auch an Nicht-Unionsmitglieder demonstriert auch Offenheit für Lösungen über die Unionsgrenzen hinweg. Der Aufruf stiess auf reges Interesse: am diesjährigen autofreien Tag beteiligen sich 762 Städte in ganz Europa, darunter aus der Schweiz neben Zürich unter anderen Basel, Bern, La Chaux-de-Fonds, Lausanne und Genf.

Mobilitätsverhalten überdenken

Die BewohnerInnen und BesucherInnen der Stadt sollen an diesem Tag auf lustvolle Art motiviert werden, ihr persönliches Mobiliätsverhalten zu überdenken. Es sollen Möglichkeiten geboten werden, umweltfreundliche Fortbewegungsmittel auszuprobieren. Auf bereits bestehende Angebote wird nachdrücklich hingewiesen. Umweltfreundliche Mobilität soll mit positiven Erlebnissen in Verbindung gebracht werden. Die Stadt oder zumindest ein Teil von ihr soll an diesem Tag von ihren BewohnerInnen und BesucherInnen aus einem anderen Blickwinkel entdeckt werden können. Die an diesem Tag vom motorisierten Verkehr befreiten Gebiete werden zu einem attraktiven Erlebnisraum.

Immer mehr setzt sich die Erkenntnis durch, dass staugeplagte Städte je länger je weniger wettbewerbsfähig sind. Städte, die in der Zukunft erfolgreich sein wollen, müssen ihre Verkehrsprobleme in den Griff bekommen. Und da in den urbanen Ballungsräumen der Platz knapp ist und nicht immer mehr Strassen gebaut werden können, werden andere Lösungen gesucht. Der öffentliche Verkehr wird ausgebaut und gefördert, Velowegnetze aufgebaut und nicht zuletzt wird auch versucht, das Zu-Fuss-Gehen wieder populärer und sicherer zu machen. Zu dieser Bewusstseinsänderung will der Aktionstag etwas beitragen.

Zürich als grösste Stadt der Schweiz hat zudem eine nicht zu unterschätzende Vorbildfunktion in der Schweiz. Das Zürcher Projektteam unter der Federführung des Amtes für Gesundheit und Umwelt hat gesamtschweizerisch als Informationsdrehscheibe fungiert und viel dazu beigetragen, dass nicht jede veranstaltende Stadt das Rad neu erfinden musste.

Ebenfalls erwähnenswert ist die Auszeichnung Zürichs zum "Projekt des Monats September" durch das Klimabündnis mit Sitz in Frankfurt. Besonderen Eindruck machte dem Klima-Bündnis die Vielfalt der Angebote für die Zürcher Bevölkerung am 22. September. In der Reihe "Projekt des Monats" stellt das "Klima-Bündnis der europäischen Städte mit indigenen Völkern der Regenwälder" jeweils ein vorbildliches Projekt eines seiner über 850 Mitgliedskommunen vor. Die Städte und Gemeinden im Klima-Bündnis haben sich sehr ambitionierte Klimaschutzziele gesetzt. Sie wollen die CO2-Emissionen halbieren, verzichten auf Tropenholz und unterstützen die Indianervölker Amazoniens.

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Referat Stadträtin Esther Maurer

Sie haben es gehört: Ein vielfältiges, attraktives Programm erwartet Sie und die gesamte Bevölkerung der Stadt übermorgen.

Und jetzt komme ich als Polizeivorsteherin und sage Ihnen, was man dafür alles nicht darf! Aber zum Einen habe ich mich daran schon ein bisschen gewöhnt, und zum Andern ist es gar nicht so furchtbar viel, was verboten ist: Es ist nämlich nur verboten, zwischen 06.00 und 24.00 Uhr das Limmatquai (zwischen Münsterbrücke und Central), den Münsterhof und die Rathausbrücke mit Motorfahrzeugen zu benützen. Umleitungen sind selbstverständlich signalisiert.

Das wars schon!

Als Ergänzung kann ich sagen, dass die Achse Rudolf-Brun-Brücke/Mühlegasse während des ganzen Tag offen bleibt, und dass auf dem gesperrten Teil des Limmatquais zwischen 06.00 Uhr und 09.00 Uhr der Güterumschlag mit motorisierten Fahrzeugen gestattet ist.

Ich weiss, dass es für viele Auto- und Töfflenkerinnen und –lenker echten Stress bedeutet, wenn sie einen Tag lang nicht ihren gewohnten Weg fahren können. Aber ich weiss auch, dass in vielen Kellern selten benützte Velos stehen, und ich meine, dass eine fussbetriebene Mobilität, wie sie am nächsten Fraitag gefragt (und natürlich erlaubt) ist, eine prüfenswerte Alternative zu den üblichen Alltagsbewegungen darstellt. Wer den temporären Umstieg versucht, wird die Stadt mit ganz anderen Augen sehen lernen!

Mein durchaus ernst gemeinter und konstruktiver Vorschlag an alle Motorisierten lautet deshalb: Lassen Sie für einmal das Auto zu Hause! Kontrollieren Sie morgen, ob noch genügend Luft in Ihren Veloreifen ist, damit sie am Freitag gerüstet sind.

Vielleicht wohnen Sie in Witikon oder einem ähnlich hoch gelegenen Quartier. Und vielleicht denken Sie deshalb bereits mit einem gewissen Unbehagen an die abendliche Heimfahrt, den damit wahrscheinlich verbundenen Muskelkater und das verschwitzte Business-Suit? Auch das kann ich nachvollziehen. Aber es bleiben ja auch noch die öffentlichen Verkehrsmittel, die auch die beinahe alpinen Quartiere unserer Stadt erschliessen. Und selbstverständlich stehen auch die Tramlinien 4 und 15 am Freitag zur Verfügung; statt übers Limmatquai verkehren sie allerdings via Bahnhofstrasse.

Mein Appell heisst deshalb: Geben Sie dem nichtmotorisierten Verkehr diese eintägige Chance, nehmen Sie mögliche zusätzliche Umstände für einmal in Kauf, und – wer weiss – vielleicht entdecken Sie eine für Sie ganz neue Fortbewegungsweise, die sogar Spass macht.

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Ganzheitliche, integrierte Mobilität

Stadträtin Kathrin Martelli, Vorsteherin des Tiefbau- und Entsorgungsdepartements

Eine Stadt, die lebt, erzeugt Verkehr. Und Verkehr heisst mobil sein. Die Teilnahme an der Mobilität und deren Abwicklung hängen eng zusammen mit den Ressourcen, den privaten und den öffentlichen. Rahmenbedingungen sind unter anderem die Platzverhältnisse, das Verkehrsmanagement, die Gestaltung des öffentlichen Raumes. Mobil sein, heisst nicht nur mit vier Rädern unterwegs zu sein, es können auch zwei Räder sein, öffentliche Verkehrsmittel oder – und das tun wir alle – zu Fuss, ganz abgesehen von den neuen Hightech-Fortbewegungsmitteln.

Mobilitätsstrategie setzt auf Koexistenz

Aus dieser kurzen Aufzählung ist ersichtlich, dass es nicht einfach genügt, Mobilität unbegrenzt zur Verfügung zu stellen und schon gar nicht zugunsten oder zulasten einer speziellen Verkehrsart. Eine zukünftige Mobilitätsstrategie wird sich darauf ausrichten müssen, das Nebeneinander zu gewähren und zu ermöglichen. Aber nicht nur das. Mobilitätsprojekte müssen im Spannungsfeld zwischen Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt ausgewogen sein, sich also nachhaltig entwickeln. Die Zukunft wird also eine ganzheitliche Mobilitätskultur verlangen anstelle der bisherigen sektoriellen Verkehrsmittelpolitik. Wir sind auf gutem Weg dazu.

Der Europäische Aktionstag will nichts anderes, als auf die Koexistenz der verschiedenen Mobilitätsmöglichkeiten hinweisen, sie bewusst machen. Mobil sein in einer Stadt, arbeiten, leben, einkaufen und sich vergnügen stehen in einem engen Zusammenhang und können nicht aus nur einer Sicht heraus gesehen werden.

Verzichten und trotzdem mobil sein

Wenn heute nahezu die Hälfte aller Haushalte in der Stadt Zürich kein Auto besitzt, dann ist das ebenso eine Tatsache, wie der Gewerbe- oder Handwerksbetrieb, der auf seinen mobilen Untersatz angewiesen ist. Autofrei muss aber nicht zwangsläufig auch autolos heissen. Es haben sich neue Formen etabliert, beispielsweise Car-Sharing oder die Mobility-Angebote. Zusammen mit diesen neuen, sich etablierenden Entwicklungen sind auch Projekte für autoarme Siedlungen möglich. Das heisst aber auch, dass eine geeignete Infrastruktur angeboten werden muss mit Läden und einer ebenso guten Anbindung an den öffentlichen Verkehr. Verzicht auf der einen Seite schafft Ansprüche auf der anderen.

Zürich ist mobil

Auch wenn der Prophet im eigenen Lande wenig gilt, Zürich ist allen Unkenrufen zum Trotz mobil und wird es bleiben:

  • Die neue Fussgängerzone Rennweg ist ein Beitrag zur Stadtqualität.
  • Das vom Durchgangsverkehr befreite Limmatquai wird ebenso ein Beitrag sein zu Stadt- und Standortqualität ohne zusätzliche Behinderung auf den Alternativrouten.
  • Das Parkhaus Gessnerallee, das erste Parkhaus in der City seit 30 Jahren, steht bevor, die Baubewilligung ist erteilt.
  • Neue Tramlinien in Zürich Nord und Zürich West sind bereits über den Diskussionsstand hinaus.
  • Das Veloroutennetz wird laufend vervollständigt, das Erstellen von Veloabstellplätzen gefördert.
  • Die Umsetzung von Tempo 30 zugunsten eines intakteren, sichereren Wohnumfeldes ist demnächst abgeschlossen.

Die Basis für diese Entwicklungen ist ein bewusstes Management, das heutige Tendenzen in mittel- und langfristige Szenarien integriert.

Vom städtischen zum privaten Mobilitätsmanagement

Eine Strategie für die zukünftige Abwicklung der Mobilität zu entwickeln ist nicht ein Zauberladen mit Kniffs und Täuschungen, sondern das Aushandeln aller Aspekte und Ansprüche gleichberechtigter Partner. Das braucht Zeit, Gespräche, es braucht aber auch die Vision einer intakten Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt. Von der öffentlichen Hand her wollen wir das Lot ins Gleichgewicht bringen. Es fehlen noch ein paar wichtige Voraussetzungen dazu, beispielsweise eine sinnvolle Umfahrung der Stadt, ob das nun unter dem See oder durch den Berg ist. An den Voraussetzungen dazu arbeiten wir. Die zukünftige Abwicklung der Mobilität ist aber im wahrsten Sinn des Wortes auch Privatsache. Multimobil sein heisst, sich selber entscheiden können, welches Verkehrsmittel für welchen Zweck am geeignetsten ist. Wir schaffen die Voraussetzungen dazu.

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Aktivitäten Übersichtsplan

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Links

  • Gesundheits- und Umweltdepartement
  • Polizeidepartement
  • Tiefbau- und Entsorgungsdepartement
  • Stadtrat Robert Neukomm
  • Stadträtin Esther Maurer
  • Stadträtin Kathrin Martelli
  • Tempo 30
  • www.22september-zh.ch - Die offizielle Webpage

 


gefunden von Wolf Zimmer